Legasthenie: Anzeichen

Es gibt keine einzig und allein, klar definierbare Ursache für Schwierigkeiten im Erlernen von Lesen, Rechtschreiben oder Rechnen.

Die Ursachen für Legasthenie und Dyskalkulie sind multikausal und dadurch individuell unterschiedlich.

 

Die unterschiedlichen Faktoren können zusammen auftreten und sich gegenseitig beeinflussen.

 

Nach derzeitigem Wissensstand der Forschung sind mögliche Faktoren:

  • genetische Faktoren: Vielfach sind Eltern/Großeltern selbst von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten und/oder Rechenschwierigkeiten betroffen.
  • Entwicklungsstörungen und Krankheiten: pränatal und / oder postnatal (z. B. Mittelohrentzündung, verspäteter Sprachbeginn, Aussprache- und Hörschwierigkeiten von Lauten wie s/z/b/d/r ...)
  • Neurophysiologische und neuropsychologische  Defizite: Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis, Verarbeitungsgeschwindigkeit
  • Umweltfaktor - Schule: z. B. Lehrmethode (z. B. beim Lesen und Schreiben: derzeit anerkannte Silbenmethode gegenüber veralteter Ganzwortmethode)
  • Umweltfaktor - Familie/Freunde: z. B. soziale und emotionale Eigenschaften, Rückhalt und Unterstützung der Familie, soziale Kontakte in Schule und Freizeit, Motivation, Leseverhalten in der Familie …

Legasthenie - spezifische Anzeichen

Wenn Kinder Lesen und Rechtschreiben lernen, machen sie am Anfang die gleichen Fehler beim Lesen und Rechtschreiben wie andere Kinder, mal mehr und mal weniger. Bei Kindern, die nicht von Legasthenie betroffen sind, werden diese Fehler weniger. Aber Kinder mit Legasthenie machen weiterhin viele Lese- und Rechtschreibfehler.

 

Weil Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten eine komplexe Störung der schulischen Fertigkeiten sind, zeigen sich vielfältige Anzeichen bzw. Erscheinungsbilder.

 

Schon im Kindergarten oder im Lauf der ersten Klasse Volksschule können Kinder mit Legasthenie auffallen.

 

Eine Legastheniediagnostik ist empfehlenswert, wenn Ihr Kinder in den nachfolgenden Bereichen Schwierigkeiten zeigt:

 

 

PHONOLOGISCHE BEWUSSTHEIT

 

Die phonologische Bewusstheit ist der Einblick in die Sprache (Lautstruktur der Sprache) und eine Vorläuferfertigkeit (Fertigkeit, die man braucht um Lesen/Rechtschreiben richtig lernen zu können) zum Schriftspracherwerb. Der Schriftspracherwerb ist also das Erlernen von Lesen und Rechtschreiben. Sie wird in die phonologische Bewusstheit im engeren und weiteren Sinne unterschieden. 

 

Kinder mit Schwächen in diesem Bereich können schon im Kindergarten / Vorschulalter auffallen, denn der Grundstein zum Lesen und Schreiben lernen wird nicht erst in der Schule gesetzt. 

 

Phonologische Bewusstheit im weiteren Sinne

  • Reime bilden können
  • erkennen / hören welche Wörter sich reimen
  • Wörter und Quatschwörter nur schwer wiederholen können (Quatschwörter = Pseudowörter = Wörter, die es nicht gibt, die man aber lesen/schreiben kann)
  • Wörter in Silben klatschen können
  • Wörter aus Silben zusammensetzen können
  • erkennen welches Wort länger ist (z. B. Zug oder Lokomotive)

 

Phonologische Bewusstheit im engeren Sinne

  • erkennen / hören mit welchem Laut ein Wort beginnt (Anlaute: Was hörst du am Anfang von Apfel?)
  • erkennen / hören mit welchem Laut ein Wort endet (Auslaute: Was hörst au am Ende von Banane?)
  • erkennen / hören ob ein Laut in einem Wort vorkommt (Inlaute: Hörst du ein O in Lokomotive?)
  • Wörter aus Silben zusammensetzen können
  • Wörter in Silben / Laute gliedern können
  • Laute eines Wortes wiedergeben können
  • Laute eines Wortes in der richtigen Reihenfolge wiedergeben können

Schon im Kindergarten / Vorschulalter lassen sich Übungen zur Förderung machen, womit den Kinder der Erwerb der Schriftsprache in weiterer Folge erleichtert wird.

 

 

LESEN

  

Frühe Symptomatik

  • Schwierigkeiten die Laute den Buchstaben zuzuordnen
  • Schwierigkeiten Buchstaben zu erkennen / wiederzugeben
  • Schwierigkeiten die Laute der Buchstaben zu einer Silbe bzw. einem Wort zusammenzulauten (=zusammenzuziehen)
  • Schwierigkeiten sich Wortbilder zu merken
  • sehr langsames Lesetempo
  • vergessen gemerkter / gelernter Wortbilder
  • Schwierigkeiten Texte sinnhaft zu verstehen
  • keine Lust zu lesen

  

Späte Symptomatik

  • viele Lesefehler
  • Schwierigkeiten lange Wörter zu erlesen
  • erraten der Wörter nach den ersten erlesenen Buchstaben
  • erraten von Wörtern aus dem Satz- bzw. Textzusammenhang
  • sehr langsames Lesetempo
  • monotones, stockendes Lesen – keine Satzmelodie
  • Schwierigkeiten Sätze und Texte sinnhaft zu verstehen
  • keine Lust zu lesen

  

RECHTSCHREIBEN

 

Frühe Symptomatik

  • falsche Buchstabenfolge
  • auslassen von Buchstaben (Skelettschreibweise)
  • fehlerhafte lauttreue Schreibung
  • vergessen der Schreibweise von Buchstaben
  • verwechseln von Buchstaben
  • viele Fehler auch bei geübten Wörtern / Texten

  

Späte Symptomatik

  • fehlerhafte orthografische Schreibung
  • Auslassen, Ersetzen, Vertauschen und Hinzufügen von Buchstaben oder Silben
  • Buchstaben werden innerhalb vom Wort vertauscht 
  • verwechseln ähnlich klingender Buchstaben (b/p, d/t, g/k)
  • auch gelernte Wörter werden immer wieder unterschiedlich falsch geschrieben
  • dasselbe Wort wird auf einer Seite mehrmals anders falsch geschrieben
  • Rechtschreibregeln können nicht angewandt werden – viele Rechtschreibfehler
  • Groß- und Kleinschreibung wird nicht beherrscht

Aus Steinen,

die uns in den Weg gelegt werden,

kann man etwas Schönes bauen.

(Johann Wolfgang von Goethe)